16.02.2000,
Williams Family Ranch - Pferde, Kühe, Abenteuer (14.02. - 16.02.)
Montag.
Nach einem Kaffee gingen
Charlie und ich die Pferde füttern, danach gab es erst Frühstück.
Planung für heute:
Carrol mußte irgendwelche Papierarbeit erledigen, Charlie und ich
würden den Hassayampa in Richtung Wickenburg reiten, dort an einem
alten Haus einen kleinen Canyon erforschen und dann zurückkommen.
Wir
starteten gegen zehn zu unserem Ritt, Charlie auf Tad Pole, ich auf Do
Good. Ehrlich gesagt - mir liegt der Hassayampa als Ausflugsziel nicht
besonders, es sieht immer gleich aus, man muss sich sehr häufig durch
dichtes Gebüsch kämpfen und zig-mal den Fluß überqueren.
Unterwegs trafen wir - das
war nun wirklich eine Seltenheit - einen benachbarten Rancher, der mit
einem Cowboy zusammen nach Rindern suchte. Wir befanden und auf seiner
Ranch und erzählten ihm, dass wir einige Kühe etwas flußaufwärts
gesehen hätten. Auf dem Rückweg trafen wir die beiden wieder
- sie hatten die Kühe tatsächlich gefunden, aber es waren unsere
Kühe gewesen, also hätten sie die neun Rinder durch ein Gate
zurück zur Williams Ranch gebracht. Nette Nachbarn!
Gegen vier waren wir zurück
an der Ranch, ich nahm mir den kleinen Cupid noch mal für eine halbe
Stunde vor, aber eigentlich konnnte ich ihm mit Decke und Hufkratzer nichts
mehr beibringen, er war lammfromm. Als nächstes würde er sich
an einen Sattel gewöhnen müssen.
Charlie war vor dem Dinner
noch fleißig und holte Holz für den Heizkamin von der anderen
Seite des Flusses - jetzt brauchen wir nur noch jemandem, der aus den langen
Ästen Holzscheite macht. |
Dienstag.
Carrol mußte nach
Wickenburg fahren, also hatten Charlie und ich wieder die Gelegenheit,
die Ranch auf eigene Faust zu erforschen. Ich erwähnte, dass ich den
Hassayampa in nächster Zeit lieber meiden würde, erinnerte mich
aber daran, dass der Weg hinter Iron Springs in westliche Richtung weiter
ging - ob es wohl eine Möglichkeit gäbe, von dort aus herum zurück
zur "Hauptstraße" zu reiten?
Carrol holte einige Landkarten
heraus, die zwar viele der Montaintrails zeigten, aber von 1968 waren -
etwas veraltet. Sie versuchte uns auf der Karte zu zeigen, wo etwa
wir den Weg verlassen und quer durch die Wildnis zu einem anderen Trail
finden mußten. Ganz sicher war sie sich aber nicht, sie erklärte
den Weg bestimmt zehnmal - und jedesmal ein bisserl anders ...
Zumindest wissend, welche
Richtung wir einschlagen mussten, machten Charlie (auf Twister) und ich
(auf High Pocket) uns gegen halb elf auf den Weg.
Wir
erreichten unserern ersten Wegpunkt, Iron Springs, nach anderthalb Stunden.
An dem gammeligen Wasserloch, dass so gar nicht den Eindruck einer Quelle
machte, holte Charlie sein Spielzeug aus der Tasche: ein GPS.
Immerhin schien er zu wissen,
wie man es bediente. 2,8 Meilen Luftlinie bis zur Ranch, meinte er, und
eine Meile Luftlinie bis zu der Weggabelung an einer alten Mine, an der
wir nach rechts mußten. Bedeutete: nach ca. einer halben Stunde müssten
wir an dieser Gabelung ankommen.
Taten wir auch. Nun mußten
wir irgendwo eine Möglichkeit finden, den Weg nach links zu verlassen,
einen alten Kuhpfad vielleicht.
Wir fanden tatsächlich
einen, dem ich mit wachsender Begeisterung westwärts folgte - das
war die Richtung, die Carrol auf der Karte gezeigt hatte - während
Charlie zunehmend skeptischer wurde.
Carrol hatte uns erklärt,
dass wir an einer Stelle durch ein Gate müssten, wo drei Zäune
aufeinander trafen. Als wir endlich ein Tor in einem Zaun fanden, gab es
dort aber nicht den gesuchten dritten Zaun. Charlie, den ich schon nur
mit Mühe und Not bis hierher gebracht hatte, nahm sein Spielzeug aus
der Tasche und behauptete dann: "Der Trail hinterm Zaun führt südwärts
- wir müssen aber nach Westen."
"Der Trail führt westwärts
- was glaubt Dein GPS, wo Süden ist?" fragte ich etwas spöttisch
und deutete auf die Sonne. "Aber wenn es Dir zu unsicher ist, können
wir umkehren ..." lenkte ich ein. Er war der Gast - wenn er Angst hatte,
sich zu verirren und sich nicht wohl fühlte - dann eben zurück.
Taten
wir dann auch. Ich überredete ihn, wenigstens einen anderen Trail
zu checken, wo ich ein Gate im Zaun gesehen hatte. Tatsächlich: an
dieser
Stelle stießen drei Zäune aufeinander, aber hinter dem Tor war
kein Weg mehr, nur undurchdringliche Wildnis, das konnte Carrol nicht gemeint
haben. Andererseits: allzu häufig kam es in dieser zaunarmen Gegend
nicht vor, dass drei Zäune aufeinander stießen. Merkwürdig.
Auf dem Weg zurück
zu dem mehr oder weniger befestigtem Weg überlegte Charlie es sich
anders und kam nun doch zu dem Schluß, durch das Gate zu gehen, an
dem wir zuerst umgekehrt waren. Also ritten wir nochmals um.
Und siehe da - als wir durch
das Gate durch waren konnten wir sogar die "Hauptstraße" zur Ranch
sehen. Weit entfernt, aber immerhin: das bewies, dass wir auf dem richtigen
Weg waren.
Nach ca. einem Kilometer
kamen wir an eine Wegkreuzung. Wir hatten nun die Wahl: westwärts
weiter oder nordwärts in Richtung Ranch. Ich plädierte für
westwärts, weil wir sonst die Straße nicht an der Stelle treffen
würden, die Carrol uns genannt hatte. Charlie, immer noch in Panik,
sich zu verirren, wollte nach Norden - Richtung Ranch.
Ich folgte ihm also - er
war der Gast. Nach einigen hundert Metern sah er ein, dass uns dieser Weg
nur in einen Canyon führen würde, also zurück zur Kreuzung
und weiter westwärts. Und siehe da - nach der nächsten Windung
um einen Berg herum ein weiterer Wegpunkt, den Carrol uns genannt hatte:
eine Windmühle.
Windmühlen dieser Art
wurden dafür benutzt, Wasser für die Viehtränken zu fördern,
wir ritten also hin, um die Pferde zu tränken. |

Danach war
es einfach, wir brauchten nur noch dem kleinen Canyon zu folgen, an dessen
Rand die Windmühle stand, und erreichten so problemlos die Hauptstraße.
Dort passierten wir nach zwanzig Metern das Cattelgard zur Williams Family
Ranch - und waren somit wieder auf heimischem Boden.
Cattlegard
- die findet man überall in Ranchgegenden (auch in Wyoming), sogar
auf relativ großen Straßen. Sie werden als Zaunersatz für
Straßen benutzt, damit Autofahrer nicht jedesmal ein Tor öffnen
müssen. Der Zaun, der eigentlich quer über die Straße gehen
müßte, endet jeweils am Straßenrand, statt dessen ist
an dieser Stelle ein Graben in der Straße, über dem eine Art
Gitterost liegt, die Eisenstangen quer zur Fahrbahn. Kühe und Pferde
können dieses Gitter nicht überqueren, sie würden mit ihren
Hufen in den Ritzen hängenbleiben und versuchen es gar nicht erst.
Neben diesen Cattlegards gibt es meistens ein Tor, durch das man mit Pferden
und Kühen durchgehen kann.
Wir folgten der Straße
bis zur Gold Bar Mine, von dort aus wollten wir quer über die Berge
zurück zur Ranch, ein Weg, den wir schon mehrfach genommen hatten
und gut kannten.
An
der Mine sah ich ein einzelnes Rind. Hier sollten eigentlich keine Rinder
sein, sie gehörten für das Winterhalbjahr auf die andere Seite
des Hassayampa, aber ich hatte keine Lust zu versuchen, die Kuh zur Ranch
zu bringen, es war zu weit und schien mir ein fruchtloses Unterfangen zu
sein. Keine zwanzig Meter weiter trafen wir auf drei weitere Kühe,
die vor uns auf dem Trail im Schatten standen. Nun, da sie eh schon mal
im Weg waren beschlossen wir, sie vor uns her zu treiben - vielleicht hatten
wir sogar Glück und schafften es.
Es war verdammt schwierig
die Rinder zu zweit zu treiben. In diesem Gelände mußte man
mindestens zu dritt sein, damit einer den Viechern an Weggabelungen den
Weg abschneiden konnte. Aber wir schafften es! Wir mußten zwar
mehrfach im Kreis herum reiten, um die Rinder in die gewollte Richtung
zu bringen, aber letztendlich hatten wir sie - unheimlich Stolz! - im Korral.
Zwei Williams-Ranch-Kühe und eine Nachbarskuh. Good job!
Alles in
allem: ein toller Tag. Super Wetter, die Erforschung eines neuen Trails
über die Berge (ich fing an, den Hassayampa zu hassen ...) und zum
Abschluß noch der erfolgreiche Viehtrieb - es könnte kaum besser
sein. |
Mittwoch.
Na ja, nicht jeden Tag kann
herrliches Wetter sein. Es war bewölkt und kühl. Charlie und
ich brachen zu einem "kurzen" Ritt auf, um zu versuchen, die anderen Rinder
hereinzubringen, die wir gestern an der Mine gelassen hatten.
Wir ritten die Hauptstraße
entlang bis zu einigen alten Gebäuden, die früher die Geologen
für das Minengebiet beherbergt hatten. In einer der Ruinen findet
man immer noch die Kartons mit den Gesteinsproben, die offensichtlich gewissenhaft
katalogisiert und achtlos liegen gelassen wurden.
Ein idyllisch anmutendes
altes Wohnhaus lag nur fünfzig Meter hinter dem Geologenhaus - von
nahen betrachtet war es aber, wie all die alten Häuser in der Gegend,
halb verfallen.

Wir folgten
dem Canyon ("O'Brian Wash"), in dem die Ruinen standen, bis zu einem Gate
in einem Zaun und kamen von dort aus zu dem Trail, den wir gestern westwärts
geritten waren. Entsprechend fanden wir wieder die Windmühle, folgten
dem dortigen Canyon ("Slim Jim Wash") bis zur Hauptstraße und erreichten
so die Gold Bar Mine. Wir sahen die beiden Kühe tatsächlich,
aber es war schon kurz nach eins, und wir hatten mit Carrol abgemacht,
gegen Mittag zurück zu sein, also ließen wir die Rinder, wo
sie waren.
Es war unangenehm kühl,
ich hatte keinen Lust mehr auf Ausritte, also ließ ich Charlie alleine
zu einem weiteren Ritt losziehen, während ich im Ranchhaus meine Kaffeesucht
befriedigte. Charlie war schon nach einer Stunde zurück, offensichtlich
war er auch nicht so hochmotiviert heute.
Ich
arbeitete nachmittags ein wenig mit dem Dreijährigen. Er war so brav,
dass ich ihm einen Sattel auflegte und eine Trense anzog. Der Sattel schien
ihn nicht weiter zu stören, aber das Gebiß irritierte ihn ziemlich,
er versuchte es fortwährend auszuspucken. Charlie kam zum Korral und
fing an, große Steine, die in den Korral gerollt waren, zurück
auf den Trail nebenan zu schmeissen - Zeit, mit der Arbeit mit Cupid aufzuhören,
er fand den Lärm interessanter als mich.
Für dreissig Sekunden
regnete es sogar - dann kam die Sonne brennend heiß heraus, ich überlegte
schon, mir Coco Puff für einen kurzen Ritt zu satteln, aber es zogen
wieder Wolken auf. Ausserdem war es schon spät, Zeit, das Abendessen
vorzubereiten. Die Amis kennen Kartoffeln ja nur als Mashed Potatoes oder
Baked Potatoes, Charlie mag aber keinen Kartoffelbrei, also überlegte
ich mit Carrol, was wir mit den bereits geschälten Kartoffeln anfangen
sollten. Ich kratzte meine Erinnerungen zusammen - als Kind hatte ich viel
in der Küche gestanden und meiner Mutter beim Kochen zugeschaut. Theoretisch
konnte ich also kochen - nur praktisch nicht. Ich schaffte es trotzdem,
original-handmade Reibekuchen (Kartoffelpuffer) zu backen - und sie schienen
nicht schlecht geworden zu sein, Charlie ließ nichts übrig.
Vielleicht versuche ich morgen mal ein Gratin ...
Hey - ich lerne hier noch
Kochen! ;-) |
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