21.06.2000,
Lake Ranch - Professional foto shooting
Das fing
ja gut an. Während Barbara und ich morgens auf der Terasse saßen
und unseren Kaffee schlürften, schlich Mario, der Journalist, herum
und wollte unbedingt diese Cowgirl-Idylle fotografieren. Um überzeugender
zu wirken setzte ich mir zumindest einen Hut auf und liess meinen Blick
in die Ferne schweifen, die Füsse auf das Terassengeländer gelegt
und den Kaffeebecher mit beiden Händen umfasst. Welcome to Marlboro
County!
Nach dem Frühstück
bekam ich einen Job als Chauffeur zugeteilt - mein Pickup war das einzige
geländegängige Fahrzeug auf der Ranch. Und so kutschierte ich
unsere beiden Gäste und Luca von einem Aussichtspunkt zum anderen. |
Paolo versuchte
mir viel zu erklären, liess mich bei jeder Einstellung durch seine
Kameras schauen, zeigte mir die verschiedenen Filter und nannte mich die
ganze Zeit "Jane", weil die Italiener ihm am Vorabend erzählt hatten,
dass mein Nickname auf der Ranch "Calamity Jane" sei.
Die Ranch sei mein Leben,
behauptete er - und mein Name sei Jane, weil "Heike" zu deutsch sei. Ich
liess ihn reden - er hatte in gewisser Weise Recht, aber es änderte
nichts an meiner realen Situation: ich war Deutsche.
Gegen
Mittag fuhren wir zurück in Richtung Ranch. Als wir über eine
Hügelkuppe kamen und den ersten Blick auf die Gebäude werfen
konnten, war Paolo hin und weg und wollte unbedingt ein Bild von der Ranch
machen. Und im Vordergrund musste natürlich ein Cowboy sein!
Wir machten aus, dass ich
ihn und seinen Journalisten-Kumpel dort lassen würde und weiter zur
Ranch fuhr, um einen Cowboy zu organisieren. Auf der Ranch angekommen fand
ich nur totenstille vor - alle waren ausgeflogen. Im Korral gab es ausser
zweijährigen Pferden nur ein fette Fuchsstute. Besser als nichts,
hoffte ich, und sattelte das verstaubte Pferd.
Paolos Begeisterung hielt
sich in Grenzen. Erst bemängelte er die Matschklümpchen auf "Jackpots"
Hals und dann machte ich den Pferde-Laien darauf aufmerksam, dass der Dreck
bei einem Pferd mit einem riesigen, groben Kopf und einer übermäßigen
Wampe das geringste Problem war, wenn es Fotomodell werden sollte.
Er liess mich trotzdem ein
paar Mal auf und ab Reiten und machte ein paar Fotos - sicherlich mehr
aus Höflichkeit als aufgrund des hinreissenden Motives.
Danach machten wir ein paar
lächerliche Fotos von Paolo und Mario, die sich auf die unansehnliche
Stute setzten. Übrigens - zur Ehrenrettung von Jackpot: als Arbeitspferd
war sie so gut wie als Fotomodell häßlich: ein schnelles, wendiges
und williges Cowboy Horse.
Gerade, als wir uns auf
den Weg zur Ranch machten, kamen die anderen Freizeit-Cowboys von ihrem
Ausritt zurück. Da ich mit Jackpot schon vorgeritten war fing ich
Luca und Co noch ab und schickte sie zu Paolo, damit er nun doch seine
Bilder machen konnte. Weil ich langsam daran denken musste, das Mittagessen
vorzubereiten, sattelte ich Jackpot ab und verzog mich in die Küche,
wo ich irgendwas Schnelles zubereitete.
Ty trudelte mit einem Trailer
ein. Er hatte sein Pferd mitgebracht, um einige entlaufenen Rinder von
Nachbars Weide zu holen. Nachdem Paolo auch in ihm ein dankbares Fotomodell
gefunden hatte (er saß so obercool auf der Veranda, dass ich unwillkürlich
an diese Londoner Garde-Soldaten denken musste, die keine Miene verziehen
dürfen) brachen Luca, er und ich zu Pferd zum Nachbarn auf. Meinen
Pickup überließ ich schweren Herzens Roberto, der uns mit den
Fotographen folgen sollte. |
In
den folgenden Stunden machten sich Luca und Ty einen Spass daraus, mir
ihre Vermutungungen bezüglich dem Verbleib meines Pickups unter die
Nase zu reiben. Roberto tauchte nämlich nicht auf und ich wähnte
meinen geliebten Truck irgendwo in einem Graben.
Dafür ärgerte
ich die beiden mit ihren haarsträubenden Versuchen, einzelne unserer
Stiere aus der Kuhherde der Nachbarin herauszufangen. Sie gaben schliesslich
auf und liessen mindestens ein Tier zurück, da es sich ihnen permanent
durch Sprünge in ein großes Wasserloch entzog. Während
die beiden Helden hinter dem einzelnen Tier herjagdten überliessen
sie es mir, die restlichen sieben Stiere auf den Weg zu Ranch zu bringen
- danke! Sieben Stiere von ihrer geliebten Kuhherde ohne Hilfe weg zu treiben
war schwieriger als einen Sack Flöhe zu hüten - wie eine Irre
musste Jackpot mit mir hin und her rasen und bewies mal wieder überzeugend
ihre überragenden Qualitäten als Arbeitspferd.
|
Als wir
endlich zur Ranch zurück kamen fand ich zu meiner Erleichterung meinen
Pickup unbeschadet vor. Paolo hatte in Ermangelung an richtigen Cowoys
schon ein paar Gäste engagiert - selbst Angelo hatte er einen Cowboy-Hut
verpasst.
Luca, Ty und ich schlossen
uns also der Truppe an und ritten einmal um den See, wo sich unsere Siluetten
am Ufer im Wasser spiegelten - nette Ranch-Idylle-Bilder, die Paolo weniger
für sich als viel mehr für Luca machte, damit er damit Werbung
für die Ranch machen konnte.
Danach ging es zum eigentlichen
Fotoshooting: Cowboys vor Devils Tower.
Weil ich wieder den Chauffeur
spielen musste (noch einmal wollte ich Roberto meinen Pickup nicht anvertrauen,
ausserdem brauchte ich für das Fotoshooting eh kein Pferd, schliesslich
entsprach ich nicht dem Bild eine Marlboro-Cowboys) trat ich Jackpot an
Roberto ab - was ich später bitter bereute. Der hatte nämlich
bisher immer nur mitleidig gelächelt, wenn ich mir die unansehnliche
Stute gesattelt hatte. Jetzt lernte er den Wert des Pferdes kennen und
fortan war er auf Jackpot unterwegs, während ich mir ein anderes Pferd
suchen musste.
Die Sonne neigte sich schneller
dem Horizont entgegen, als Paolo gedacht hätte, darum verzichteten
wir auf zwei Stellen, die wir am Vormittag ausgeguckt hatten, sondern fuhren
schnurstracks zum dritten "View", wo Paolo seine Kameras aufbaute, während
wir auf die folgenden Reiter warteten. |

Dann zeigte
sich der Profi; seine Bilder, die ich über seine Schulter mit fotographierte,
waren zwar für meinen Geschmack zu kitschig, aber nichts desto trotz
perfekt.
Obwohl fünf oder sechs
verkleidete Cowboys zur Verfügung standen waren nur Ty und Luca die
offiziellen Foto-Stars - sie machten einen sehr guten Job mit dämlich
cool in die Kamera starren. |
Die
"unbenutzten" Fotomodelle hatten sich schon auf den Heimweg gemacht, als
die beiden zum krönenden Abschluss ein Lagerfeuer entfachten, um das
sie sich unbequem, aber malerisch drapieren mussten. Zum Löschen schug
ich vor, dass jeder von ihnen mal drüber pinkeln dürfte, dann
rückte ich aber eine Flasche Wasser heraus, die ich für Kühler-Notfälle
im Pickup aufbewahrte.
Dann durften auch die Stars
das weltgrößte Fotostudio verlassen, während ich mit Paolo
und Mario zurück blieb, um auf zwei Landschaftsaufnahmen zu warten,
die Paolo jeweils mit einer Verschlusszeit von zwanzig Minuten aufnahm.
Wir froren gründlich und hofften dabei, dass nicht gerade eine White-Tail
vorbei trabte und mit seinen leichten Schritten das Bild verwackelte.
Ausserdem grübelte
ich darüber, was Luca und Roberto nun ohne mich in der Küche
anstellten. Wen wundert es also, dass es zum verspäteten Abendessen
Pasta gab? Schliesslich hatte ich eine Horde Italiener für fünf
Minuten aus den Augen gelassen ...
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