18.09.2001, Sheep Drive at the Bush Ranch

Als ich gegen viertel nach sechs meine Kaffee trank sah es nicht gut aus für Susan und Nicola: sie hatten noch nicht einmal die Pferde gesattelt, die sie brauchten, um die anderen Reitpferde hereinzuholen. Ich packte trotzdem schon mal Chili-Tortillas, Äpfel, Kekse und Cola-Dosen für das Mittagessen ein und wartete erst mal ab. Gegen halb sieben gaben die beiden auf, sie kamen in die Lodge und erklärten, nicht mitkommen zu können, weil am Morgen alles schief gelaufen sei. Sie hatten vergessen, dass Schafe im Korral waren und sie aus Versehen im Dunkeln in die anderen Korrals reinrennen lassen, dann hatten sie Schwierigkeiten, sie zurück zu treiben, und schließlich wurde es einfach zu spät. Es tat mir leid für sie, und für mich auch, da hätte ich mir die Fahrt sparen können, um den Hänger zu holen. Aber ich konnte nicht später zur Bush Ranch kommen und Hal warten lassen, also hängte ich den kleinen Trailer ab (der, wie ich dabei bemerkte, sowieso einen Platten hatte, ich hätte Susans und Nicolas Pferde gar nicht mitnehmen können!) und fuhr alleine los.
Auf der Bush Ranch wartete Hal schon, etwas enttäuscht über meine Einzahl statt ein paar mehr Helfern, aber wir würden es auch irgendwie zu Zweit schaffen. Da ich kein eigenes Pferd mitgebracht hatte gab Nick mir sein Pferd Doc, ein riesiger Fuchswallach, den Brandy auf einer Auktion gekauft hatte um ihn als Roping-Horse auf Rodeos zu reiten, dann aber nie dazu gekommen war. Für das Schlachtschiff musste ich alle Riemen an meinem Sattel verstellen, was bei allen anderen Pferden, die ich bisher geritten hatte, nie notwendig gewesen war. 

Gegen acht brachen Hal und ich auf. Es war kühl, aber die Sonne schien und versprach einen warmen Herbsttag.
Wir ritten etwa eine Meile weit zu der Weide, wo die Schafe grasten. Dort trieben wir die 2.600 Wollknäuel zusammen und begannen einen sechsstündigen Schaftrieb, der keine Minute lang langweilig war. Die Bush Ranch zeigte sich von ihrer schönsten Seite, statt eintöniger Prärie bekam ich diesmal herrliche Canyons, rote Felsformationen und lichte Laubwälder zu sehen, es war einfach herrlich. Die Schafe waren relativ gut zu treiben, obwohl wir nur zu Zweit waren. Zwei mal machten sie uns Ärger, weil sie müde wurden und partout nicht weiter wollten, wir brüllten uns fast die Seele aus dem Leib, um sie auf Trab zu halten. Man wurde sehr erfinderisch, um immer wieder neue Schimpfwörter zu rufen, da die Viecherl gegen eintöniges Gebrüll ziemlich schnell resistent wurden. Neben einfachen "Uuuuuuh", "Heyheyhey" und "Iiiiih"-Rufen war mein Favorit "Go-go-go-go!" in den verschiedensten Stimmlagen und letztendlich schließlich "Go home, fu****** (zensiert) sheep!"- Singsang.
Eines fiel an einem Hang um, ich musste es aufheben, dann galoppierte es fröhlich weiter. Ziemlich dämliches Schaf. Ein anderes blieb im Matsch an einem Wasserloch stecken. Noch dämlicheres Schaf. Zum Glück konnte ich es befreien, ohne danach selbst wie nach einem Schlammbad auszusehen. Mein Pferd Doc war die reinste Offenbarung - ich brauchte fast nur daran zu denken, wo ich hinwollte, und er ging. Einzig Wasser fand er schrecklich, Nick hatte mich deswegen schon gewarnt, aber nach einem trockenen Sommer fanden wir fast immer eine Möglichkeit kleine Bäche zu überqueren, ohne nasse Füße dabei zu bekommen.

Nach vier Stunden rief Hal seine Frau über Funk an, sie sollte ihm seinen Hund bringen. Am Anfang des Schaftriebes, als die Tiere noch frisch waren, hätte „Bow“ uns die Schafe nur aufgemischt, aber jetzt, wo sie müde waren, war er uns eine große Hilfe und Entlastung der Stimmbänder. Auch wenn er etwas ungezielt in die Herde hineinraste - er hielt sie zumindest in Bewegung. 
Ein Opfer hatten wir zu betrauern: ein Lamm fiel hin und wurde von anderen Tieren überrannt, wobei es sich ein Hinterbein brach. Wir ließen es zurück, die Natur würde entscheiden ob das Bein heilen würde oder die Kojoten schneller waren.

Gegen zwei Uhr hatten wir die Herde am Ziel, wir trieben sie auf der neuen Weide noch zum Wasser-Reservoir und warteten dann auf Nick, der mit Hal über Funk ausgemacht hatte, dass er uns mit einem Trailer abholen würde. Das ersparte uns einen gut anderthalbstündigen Heimritt, gut für Doc, der müde zu sein schien, ich dagegen hätte ohne weiteres noch weitere sechs Stunden auf dem Pferd verbringen können. Alles in allem - einer der schönsten Viehtriebe, die ich je mitgemacht hatte!
 


Die Schafe

Die Landschaft

Nichts geht mehr: die müden Schafe im Streik

Durch Täler ...

... und Canyons

Das letzte Gate - geschafft!
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E-mail: heike@waywest.de Last Update: 09/2001
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