7.00 Uhr.
Der Wecker klingelte. Warum hatte ich Depp meinen Wecker gestellt? Hatte
ich nicht. Weckdienst vom Motel? Verschlafen lief ich im Zimmer herum und
suchte nach der Lärmquelle, bis ich endlich mein Handy fand.
Rob (No. 1) rief an, um
sich nach dem Befinden von mir und seinem Truck zu erkundigen. Etwas beschämt
musste ich zugeben, dass sein geliebter Chevy ein wenig ramponiert war.
"What happens?"
"The battery fell in the
motor ..."
"Did you put it out?"
"Yeah!"
Na, dann sei es ja nicht
so schlimm, meinte er.
"It burnt the motor ..."
nahm ich ihm die Erleichterung.
"IT BURNT THE MOTOR?" rief
er entsetzt - ich konnte mir richtig vorstellen, wie er einen verkokelten
Chevy vor sich sah ...
Ich erklärte, dass
es nicht ganz so schlimm sei, der Truck fuhr ja noch, aber es müsste
repariert werden. Die Verbindung wurde unterbrochen - Mist-Handys. Er rief
noch mal an, aber es hatte keinen Sinn, ich hörte fast nur Rauschen.
Soweit ich es mitbekommen hatte war sein Interesse am Truck deshalb so
groß, weil er ihn demnächst brauchen würde. Hm. Na, mal
schaun. Er musste sich nur früh genug melden, da ich vorhatte, Arizona
für die nächsten drei Wochen zu verlassen. Ein anderes Problem
tauchte ebenfalls auf: mein Rückflug nach Deutschland war für
einen Montag gebucht, aber ich musste vorher noch den Wagen abmelden -
am Wochenende? Unmöglich. Ich musste meinen Flug umbuchen, damit ich
am vorletzten Tag noch Zeit hatte, das Autogeschäft abzuwickeln. Neuer
Rückflugtermin war darum Samstag, der 25. März, das hieß
dass ich erst am Sonntag Nachmittag (16.45 Uhr) in Köln landen würde.
Zumindest
war ich jetzt wach, gut so, ich hatte noch viel zu erledigen. Ich organisierte
mir Kaffee und dann kam der wichtigste Anruf, der über meine weiteren
Reisepläne entscheiden sollte: die Lake Ranch in Wyoming, wo ich im
Juli 1999 drei Wochen Urlaub gemacht hatte.
Dirk von der Reiseagentur,
bei der ich meine Ranchreisen im letzten Jahr gebucht hatte, hatte mir
gemailt, dass Monte, der Rancher, eine neue Guest-Ranch im Mai 2000 aufmachen
würde, da die Lake Ranch fest in Händen von seinen beiden italienischen
Partnern und deren italienischer Gäste war - unattraktiv für
Urlauber aus anderen Ländern, da fast ausschließlich italienisch
gesprochen wurde.
Bis auf diese Italiener-Schwemme
hatte mir die Lake Ranch unglaublich gut gefallen, und nun war ich neugierig
auf diese neue Ranch - Grund genug, Monte anzurufen und ein bisschen auszufragen.
"Hello?"
"Hello, this is Heike."
"Yeah?"
"Who is speaking?" - ich
wollte nicht einem Unbekannten erklären müssen, dass ich einer
der deutschen Gäste vom letzten Sommer gewesen sei. Wer weiß,
ob sich Monte überhaupt an mich erinnerte.
"Monte."
"Oh - hi Monte ..." - nun
konnte ich anfangen zu erklären, wer ich war.
"Hi Heike - we just spoke
about you!"
"About me?"
"Yeah - just a minute ago
- you must have heard us!"
"Uuups - so you know who
I am?" fragte ich ziemlich dämlich, aber auch ziemlich überrascht.
"Sure!"
Merkwürdig. Seit meinem Abschied Anfang August 1999 hatten wir keinen Kontakt mehr gehabt - was gabs da über mich zu reden? Ich erzählte ihm, dass
ich im Moment in Amerika sei. Und herumreisen würde.
"So you better show up here!"
forderte er mich auf.
Ich stimmte zu, ich sei
neugierig auf die neue Ranch. Er war hin und weg von der Idee. In ein paar
Tagen würden die Kühe anfangen zu kalben, lockte er mich. Und
Greg sei auch da. Greg, der Horsebreaker, von dem ich dachte, dass Monte
ihn herausgeschmissen hätte. Er war mein besonderer Freund bei meinem
Urlaub auf der Ranch gewesen. Er erlaubte mir, beim Zureiten der Pferde
zu helfen, und den Abschied werde ich nie vergessen. Er sang unheimlich
gut, hasste es aber, auf Auforderung für die Gäste Musik zu machen.
An meinem letzten Abend auf der Lake Ranch spielte er nur für mich
- es war der beste Abschied gewesen, den ich mir denken konnte. Um hier irgendwelchen
Mißverständnissen vorzubeugen: Greg war über 50, hatte
eine sehr nette Freundin, war ewig besoffen und nicht besonders helle -
aber er hatte ein riesiges Herz für die Menschen, die ihn gut behandelten.
"And you stay for free!"
fügte Monte noch hinzu.
Okay, meinte ich - mal schaun.
Wenn ich es irgendwie einrichten könnte würde ich vorbeikommen.
Ich müsse kommen! meinte
Monte.
"Ja, gerne. Wenn ich es
schaffe ... - wie ist das Wetter in Wyoming?"
"Sixty degree."
Das war um die 15 Grad Celsius - wärmer als
in Prescott.
"So - we'll wait for you arriving in
the next couple of days", meinte Monte.
"Yeah. Hope I can make it
..." ließ ich die Entscheidung noch offen - in meinem Kopf war sie
bereits gefallen!
"If you not come we get
mad!" drohte er.
"I'll see. Hope to meet
you again!"
Wir verabschiedeten uns.
"We'll wait for you to show
up!" betonte er nochmals.
"Yeah - hope so! Bye!"
Ich schmieß den Hörer
auf das Telefon. "JUHHHH - WYOMING, ICH KOMME!"
Ich bremste
mich ein wenig, in Gedanken war ich schon auf dem Highway, aber mein Truck
musste noch repariert werden, also fuhr ich erst mal zu der Werkstatt.
Wieder mal hatte ich unheimliches Glück, sie konnten den Wagen sofort
reparieren, nach anderthalb Stunden hatte mein Truck einen ordentlich aufgeräumten
Motor ohne irgendwelche Spuren von Verschmorungen und Kabelbränden.
Dann noch neue Sohlen für
meine Boots, damit der wyomingsche Schnee nicht durch das Loch in der Sohle
drang, und ich war reisebereit.
Erstes
Ziel: Flagstaff. Bei aller Vorfreude die Lake Ranch,
Monte, Max (den Wrangler) und Greg
wiederzusehen - der Grand Canyon war einfach ein Muss.
In
Flagstaff besuchte ich Circle K für einen Kaffee und Jack in the Box
für einen Jumbo Jack, dann fuhr ich weiter in Richtung Grand Canyon.
Obwohl Flagstaff immer als "die Grand Canyon Stadt" gehandelt wurde, waren
es bis zum Colorado noch über 130 Kilometer.
In Tusayan, der wirklichen
Grand-Canyon-Stadt, suchte ich mir ein Motel, das nicht zu teuer aussah.
Die Preise in dem Kaff waren horrend - klar, der letzte Ort vor dem Grand
Canyon, der Jahr für Jahr Millionen von Beuchern verkraften musste,
hatte nur sechs oder sieben Motels. Für etwas über 40 Dollar
bekam ich zwar kein Telefon und kein HBO, aber eines der gemütlichsten
Zimmer, die ich bisher gesehen hatte.
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