08.05.2000,
Phoenix, Arizona - Eine Pick up-Odyseee und ein Baseballspiel
Kurz nach
fünf klingelte mein Handy. Rob, der fragte, ob ich einen Austauschmotor
gefunden hätte und mir ankündigte, dass Nancy nach Phoenix
kommen würde, um mir etwas zu geben, was er noch von mir hatte. Etwas
irritiert meinte ich, ich würde sowieso nach Prescott kommen und es
selbst abholen. Später rief Nancy an und tischte mir irgendeine Lügengeschichte
auf, langer Rede, kurzer Sinn - ich sollte mich nicht bei Rob blicken lassen,
sie würde mich irgendwo in Prescott treffen. Das Pferd wollten sie
doch selbst behalten (was mir nicht das Herz brach), nun hoffte ich nur,
dass sie auch genug Geld hatten. Trotzdem lächerlich, dass mir durch
die Blume eine Art Hausverbot in Paulden erteilt wurde. Na ja. Rob war
erwachsen, und wenn er da mitmachte, dann würde ich eben nur Nancy
treffen. Ich versprach, sie anzurufen, wenn ich in Prescott sei.
Gegen halb
zehn wollte Sergio mich anrufen, damit ich meinen Pick up abholen könnte.
Wieder wartete ich vergeblich und rief um halb elf selbst an. Ja, der Pick
up sei fast fertig, ich könne ihn in einer halben Stunde haben. Ich
gab ihm eine Stunde Zeit und ging in das benachbarte Waffle House frühstücken,
bevor ich ein Taxi zur Werkstatt nahm.
Ich hatte gerade mein Gepäck
ausgeladen, als Sergio von einer Probefahrt mit meinem Pick up zurückkam
und mich für eine weitere Runde einlud. Auweia, es war sechs Wochen
her, dass ich das letzte Mal in einer solchen Rumpelkiste saß. Brummelnd
und ratternd fuhren wir durch Phoenix, aber zumindest lief der Chevy.
Zurück an der Werkstatt
fiel ihm auf, dass Kühlwasser fehlte. Er füllte nach. Dann präsentierte
er mir die Rechnung. Sie war hoch, aber lag in dem Bereich, mit dem ich
gerechnet hatte. Nur der fehlende Austauschmotor war höher berechnet,
als mir vorher gesagt worden war, wir kürzten also um fünfzig
Dollar. Dann fragte ich, ob der Lichtschalter für das Fernlicht ausgetauscht
worden sei, es ließ sich nämlich nicht abschalten. Nö,
hätte man vergessen. Also wurde eine halbe Stunde lang herumgewerkelt,
bis der Fehler gefunden war: ein neuer Schalter musste rein. Ich fuhr also
mit Sergio durch Phoenix (und Phoenix ist groß und alles liegt weit
auseinander ...) zu einem Autoteileshop, um den Schalter zu hohlen.
Während ein Mechaniker
das Teil einbaute, versuchte ich meine Rechnung mit meiner Kreditkarte
zu bezahlen. Ging nicht. Bis dieses Problem eine Stunde später gelöst
war, hatte der Mechaniker meinen Wagen auch fertig.
"Did you check the air condition?"
fragte ich Sergio, der mir das hoch und heilig versprochen hatte.
"No."
No. Aha. Ich erinnerte ihn
an sein Versprechen - tat sie es nicht wegen fehlender Kühlflüssigkeit,
wollte er es reparieren, war der Kompressor kaputt, wollte er nichts machen.
Nun gut, der Kunde ist König, also wurde der Pick up vor die Werkstatt
gefahren und die Klimaanlage gecheckt, während ich einen Schlauch
in die Hand gedrückt bekam, damit ich meinen Reifendruck selbst regulieren
konnte.
Ich hatte Glück - die
Kühlsystem stand unter Druck, es fehlte also nur die Kühlflüssigkeit,
die mir für fünfzig Dollar nachgefüllt werden sollte.
"Okay, go ahead!" stimmte
ich zu und beobachtete etwas erstaunt, wie sorglos mit der umweltschädlichen
Flüssigkeit umgegangen wurde. Nach einer viertel Stunde fragte ich,
ob es normal sei, dass bei der Prozedur, bei der der Motor laufen musste,
so viel Kühlwasser aus der Motorkühlung auslaufe.
Nö, die hatten bei
den Schlauchschellen gespart, und nun wurde alles undicht, nachdem der
Motor eine Stunde lang gelaufen war. Zumindest konnte ich mich glücklich
schätzen, dass das noch in der Werkstatt passierte!
Gegen drei Uhr war alles
fertig. Ich verlangte zur Sicherheit nochmal, dass der Motorölstand
geprüft wurde, Öl für das Getriebe hatten sie schon nachgefüllt,
weil dir Transmission leckte (das war aber mal nicht deren Schuld).
Sergio wollte die Motorhaube
schließen, aber vorher bat ich ihn noch, eine Schlauchverbindung
wieder einzbauen, die vergessen neben dem Pick up lag. Oh je ...
Die fünfzig Dollar
für die Klimananlage brauchte ich nicht zu bezahlen, war wohl etwas
peinlich, dass gleichzeitig der Motor undicht geworden war ...
Ich verabschiedete mich,
bedankte mich - trotz allem war es zumindest lustig gewesen - und startete
den Motor.
"hui ..... hui ...... klck."
Ich hasste dieses Geräusch!
Ich solle mir als erstes eine neue Batterie kaufen, empfahl mir Sergio.
"hui ..... hui ..... wrmmmmmm."
Motor lief!
Ich setzte zurück,
wollte in den Vorwärtsgang schalten - Stille. Motor war abgewürgt.
Der Mechaniker grinste schadenfreudig. Das sei normal, erklärte mir
Sergio, der Carborator (was immer das war) bräuchte einen oder zwei
Tage, bis er sauber lief.
"Hui ...............hu."
Nichts.
"Huii ......."
Sergio und der Mechaniker
schüttelten mit dem Kopf. Chancenlos. Damit sie mich endlich los wurden,
bauten sie mir eine andere gebrauchte Batterie ein. Gratis. Der Mechaniker
startete zur Probe: einwandfrei.
Ich bedankte mich wieder,
verabschiedete mich wieder, stieg ein.
"hui - wrumm."
Toll! Ich setzte zurück,
der Motor würgte ab, der Mechaniker lachte sich halb kaputt, ich startete
wieder.
"Hui .... hui .... hu."
Nichts. Der Pick up wurde
wieder in seine Ausgangsposition zurückgeschoben, und Sergio und ich
fuhren mit seinem Wagen zu dem Autoteileladen, um eine neue Batterie zu
kaufen.
Um vier war alles eingebaut,
etwas erstaunt hatte ich festgestellt, dass sie die Batterie einfach nur
auf ihren Sockel stellten, was mich mit Schrecken an den Tag erinnerte,
als mir die Batterie von Robs Truck in den Motor gefallen war. Ich versuchte
dem Mechaniker, der kein Englisch sprach, zu erklären, dass sie befestigt
werden müsse, schließlich band er sie mit einem Gummiseil fest.
Bedanken, Abschied, einsteigen,
Motor starten, zurücksetzen, Motor abwürgen.
Der Mechaniker lag fast
am Boden vor Lachen, aber diesmal ließ sich der Wagen wieder starten,
und winkend fuhr ich vom Hof. |
Nix
wie raus aus Phoenix! Ich machte nur einen Halt, um endlich meinen ersten
geliebten Cirkle-K-Kaffee zu holen, und fuhr dann schnurstracks auf die
Interstate in Richtung Prescott.
Nach fünf Meilen ging
eine Warnlampe an: "Service engine soon". Nebenbei stieg der Öldruck
aufs Maximum. Ich rief also die Werkstatt an und fragte nach Sergio. Bis
er zurückrief, war ich schon fast aus Phoenix heraus.
Beide Anzeigen seien eigentlich
normal für einen neuen Motor, meinte er, aber wenn ich mich unwohl
damit fühlen würde, solle ich zurück zur Werkstatt kommen,
er würde mit einem Servicescanner prüfen, wo der Fehler lag.
Ich war mir nicht sicher, ob ich mich unwohler damit fühlte, noch
einen Nacht in Phoenix zu verbringen oder mit einem um Hilfe schreienden
Motor. Mir fiel ein, dass an diesem Abend wieder ein Baseballspiel stattfinden
sollte, das ich mir ja gerne anschauen wollte.
Also forderte ich Sergio
auf, er solle mir nun sagen, was besser sei, und er solle es schnell tun,
damit ich zu dem Spiel könnte.
"I'll check the motor and
you can invite me to the game."
"Do you know the baseball
rules?"
"Yes."
Das war ein Angebot - dann
hätte ich zumindest jemanden dabei, der mir das Spiel auch erklären
konnte. Ich fuhr also an der nächsten Abfahrt ab und zurück nach
Phoenix rein.
Um halb sechs kam ich wieder
an der Werkstatt an, der Fehler war schnell gefunden: der Kühlwasserstand
im Ausgleichsbehälter war zu hoch, also nichts schlimmes.
|
Das Baseballspiel
sollte um halb sieben beginnen, ich trieb Sergio also ein wenig zur Eile
an, wenn er immer noch mitkommen wolle. Ja, wollte er, ich fuhr also hinter
ihm her zu ihm nach Hause, weil er ziemlich verölt war. Während
ich im Wohnzimmer irgendeine Seifenoper guckte, machte er sich fertig,
und wir starteten in Richtung Innenstadt zum Baseballstadion.
Obwohl wir erst zwanzig
Minuten nach Spielbeginn eintrafen, bekamen wir noch gute Plätze.
Ich befürchte, nach einer halben Stunde bereute Sergio es, mit mir
mitgekommen zu sein. Ich verstand die Regeln einfach nicht. Er erklärte
und erklärte und irgendwie machten die auf dem Spielfeld immer was
anderes, als er gesagt hatte. Die Grundregeln waren ja einfach: Team 1
wirft den Ball, Team 2 schießt ihn mit dem Baseballschläger
weg und rennt zu bestimmten Markierungen auf dem Spielfeld, bis Team 1
den Ball wieder gefangen hat. Wenn der Team-2-Spieler einmal um das ganze
Feld drum rum gelaufen ist, gibt es einen Punkt. Alle sonstigen Regeln
(hunderte!) versuche ich jetzt gar nicht mehr zu erklären. Insgesamt
gab es neun "Innings" (Spiele), zwischen denen jeweils eine ca. dreiminütige
Pause war, in der sich die Zuschauer mit Nahrungsmitteln versorgten, auf
der Anzeigetafel Unterhaltung (kleine Wettspiele etc.) gezeigt wurden und
Firmen Werbeartikel wie T-Shirts ins Publikum schossen. Alles in allem
hatte fand ich das Spiel selber eher etwas langweilig, weil kaum mal was
passierte, das ganze drum rum war aber volksfestähnlich.
Ärgerlicherweise hatte
ich den Speicherchip von meiner Digitalkamera im Rechner vergessen, darum
gibt es hier noch keine Bilder - ich trage sie nach, wenn ich die Fotos
entwickelt habe, die ich mit meiner normalen Kamera gemacht habe.
Als Sergio mich am Ende
fragte, wie ich es gefunden hätte und ich sagte: "Interessant, aber
etwas langweilig", klärte er mich empört darüber auf, dass
ich das selbst schuld sei, ich müsse es wie alle anderen machen: nicht
nur beim Spiel zuschauen, sondern fortwährend Hot Dogs, Popcorn, Cola
etc. holen und verzehren.
"You didn't do that!"
verteidigte ich mich.
"Yes, I couldn't because
you didn't", meinte er. Verquerte amerikanische Einstellung oder
Höflichkeitsbezeugung oder was auch immer.
Statt Hot Dog gab es zum
Abendessen eben irgendwas mexikanisches (Sergio war Mexikaner, ich hatte
gar nicht gefragt, wie lange er schon in den Staaten lebte, auf jeden Fall
schien er mir ziemlich "amerikanisch" zu sein), danach fuhren wir zu Sergios
Apartement zurück, wo ich meinen Pick up stehen gelassen hatte.
Ich musste mir noch ein
Motel suchen, und um aus einer Verabredung zu einem Baseballspiel kein
"Date" werden zu lassen (in der Beziehung sind die Amis unheimlich - wie
soll man sagen - "formal"?), verabschiedeten wir uns auf dem Parkplatz.
Sergio empfahl mir ein Motel 6, das in einer etwas besseren Gegend lag
als mein letztes Motel, wo ich gegen halb zwölf eincheckte.
Wenn ich, wie eigentlich
geplant, die Auktion in Prescott am nächsten Tag besuchen wollte,
müsste ich früh aufbrechen. Andererseits brauchte ich aber noch
dringend ein Modem und ein Autoradio für den Truck, solche Sachen
gab es wahrscheinlich in Phoenix billiger als in Prescott. Ich liess es
also noch offen, ob ich am nächsten Morgen abreisen oder noch einen
Tag im heißen Phoenix verbringen würde. |
|