06.06.2001,
Der Pickup
Eigentlich
sollte der Ranch-Van um halb acht zur Inspektion in Hulett sein, aber wieder
mal gingen die Uhren in Wyoming anders als sonstwo. Ferdi und ich klapperten
erst mal diverse Nachbarn ab, um eine portable Luftpumpe für die beiden
platten Reifen von meinem Pickup zu finden. Wie so üblich beschränkte
sich ein Vorsprechen beim Nachbarn nicht auf ein "Haste ne portable Pumpe?",
sondern wurde von ausschweifendem Getratsche über Tims neues Pferd,
die Heupreise diesen Sommer, die Unkraut-Plage mit den gelben Blumen und
großzügig ausgesprochenen Einladungen zum Souper eingerahmt.
Es
war schon merklich nach acht, als wir endlich die beiden Reifen des Pickups
mit Luft gefüllt hatten. Voller Stolz lauschte ich dem tiefen Brummen
des Motors, der schon beim ersten Startversuch angesprungen war.
Wir
starteten gen Hulett, Ferdi mit dem Van hinter mir, nur für den Fall,
dass mir der viel zu kleine Ersatzreifen fliegen gehen sollte. Auf dem
unasphaltierten Weg die ersten sechs Meilen fuhr sich mein Pickup wie immer
- rumpelig. Aber als wir die Asphaltstraße erreichten war der mickrige
Ersatzreifen deutlich zu merken, er quitschte erbärmlich auf der Straße.
Nach
zwei Meilen blinkte Ferdi mich an, ich fuhr an den Straßenrand und
checkte nach, was los war. Der Pickup leckte, und zwar nicht zu knapp.
Rötlich und ölig - klarer Fall von Getriebeöl. Da half nur
eins - so schnell wie möglich die letzten vier Meilen hinter uns bringen,
bevor das Getriebe trocken lief. Ich stieg also wieder ein und gab Asche.
Nach
einer weiteren Meile machte es krmmmm-plong-gong-gong!
Bremse
treten, an den Straßenrand fahren und Antriebsstange suchen, die
Ferdi fast in den Kühler geflogen war. Ich konnte mich schon über
nichts mehr aufregen, sollte der Pickup doch einfach alle Teile ausspucken,
die ihm nicht passten. Ferdi nahm das weniger gelassen hin, er wollte den
Pickup lieber stehen lassen und mit dem Van weiter anch Hulett fahren.
Ich tat ihm den Gefallen, in der Werkstatt trafen wir Ted, mit dem wir
zurück zum Pickup fuhren. Schneeregen erwartete uns am Pickup-Parkplatz
am Straßenrand.
Ted
sah sich den Schaden an und kommentierte kurz die Lage: "Vierradantreib
war drin (großer Fehler!) und das Getriebe hat sich furchtbar einen
abgenudelt, um den kleineren Ersatzreifen mit den drei großen Reifen
abzustimmen. Darüber ist der Kopf der Antriebstange so heiß
geworden, dass er fast weggeschmolzen ist und die Antriebsstange schließlich
ihren Halt verloren hatte."
Sowas
passiert einem natürlich nur einmal im Leben, aber es ist eine sehr
teure Erfahrung ...
Mit
Zweiradantrieb konnte ich mit der verbliebenen Antriebstange für die
Hinterräder leicht mit dem Pickup nach Hulett fahren, wo er für
den Rest des Tages seine typische Haltung einnahm: getragen auf einer Hebenbühne
...
Ferdi
und ich gingen inzwischen Einkaufen und trafen auch auf Liz und Blade,
mit denen wir ein Schwätzchen hielten. Der Pickup brauchte noch etwas,
also fuhren wir mit dem Van zurück zur Ranch. Unterwegs holten wir
die Post ab - Brief für mich! Mein Internetanschluß war endlich
angekommen. Während die anderen zu Mittag aßen installierte
ich fleissig, um endlich online sein zu können.
Ich
bekam Ferdi und Luca dazu, ein paar ihrer Mails zu beantworten, bevor sie
in ihren wohlverdienten (?!) Mittagsschlaf fielen, während ich weiter
auf meinem Rechner herumhackte.
Gegen
16.00 Uhr machten wir uns auf die Suche nach Karen und Dörte. Sie
waren zu einem Spaziergang aufgebrochen, also fingen wir einfach an, unsere
Pferde fertig zu machen, das würde sie schon zum Korral locken.
Ich
wollte heute Cisco ausprobieren, einen dreijährigen Halbmustang. Nächste
Woche würden wir etwas knapp mit gut gerittenen Pferden werden, deswegen
hatte Luca mir Cisco schon angedroht. Schon das Einfangen war nicht einfach,
ich brauchte eine viertel Stunde, in der ich ihn in einem kleinen Paddock
"joinen" musste, um ihm ein Halfter anlegen zu können. Das Bosal anzulegen
war dann eine noch längere Geschichte, die schließlich damit
endete, dass Luca Cisco mit in die Scheune nahm, ein Vorderbein hochband
und so verhinderte, dass Cisco sich immer wieder durch Steigen und Bocken
entziehen konnte. Trotzdem dauerte es noch ziemlich lange, bis Cisco endlich
ausgehfertig war.
Wir
ritten zum Winterpasture, auf dem wir alle Rinder zusammentrieben und in
das Bowlpasture brachten. Cisco war sehr hart und steif, ein unbequemes
Pferd nach dem butterweichen Piano am Vortag. Aber er war noch jung, mit
etwas mehr Arbeit würde er wahrscheinlich nachgiebiger werden.
In
einer Weide eines Nachbarn fanden wir weitere Rinder von uns und brachten
sie zurück zu einer unserer Weiden. Inzwischen war es spät geworden,
müde und hungrig kehrten wir zu Ranch zurück, ließen uns
von Anna mit Tortillas füttern und gingen dann früh schlafen. |