18.07.2001, Cattle Drive in New Haven

Morgens fit und fidel (na ja) um fünf aus dem Bett, geduscht, Pferde gefüttert, Kaffee getrunken, Pferde verarztet und pünktich um halb sieben Pferde mit Charlie verladen. Irgendwie war ich heute richtig gut drauf, in den letzten Tagen war ich doch ziemlich gestresst, die ganzen Gäste, mein ewiger Schatten Charlie - zu viele Leute um mich herum.
Kurz vor sieben kamen wir in New Haven an - überpünktlich, aber die anderen Cowboys saßen schon auf ihren Pferden, sehr Wyoming-untypisch. Charlie und ich legten unseren Pferden (Brownie und Piano) die Trensen an, dann ging es los. Wir waren ein sieben-Köpfe-Team. Die Geschwister Travis, Luis, Clint und Sharlene Bregnitz oder so (der Ranch gehören die 840 Head Rinder, sie wir schieben sollen), ihr Helfer Joe und das Lake Ranch-Team.
Im Trab ging's los, ich fragte mir den Mund fusselig über jedes Pasture, das wir kreuzen. Wir splitteten in Gruppen, die erste Stunde fand unsere Gruppe gar nichts (ich sah mich auch mehr in der Landschaft um als ich Rinder suchte ...), dann trafen wir wieder alle aufeinander, ca. 400 Rinder vor uns. Sieben Cowboys, aus denen Charlie und ich als Oma und Opa herausstachen - der folgende Cattle Drive war ein reines Chaos und nur zu bewältigen, weil wir so viele waren. Die Rinder hielten zwar halbwegs die Richtung, aber sie verteilten sich über eine zweihundertmeter-Front durch Canyons, Creeks und Brush. Landschaftlich wunderschöne Ranch, aber voller Bäume und Schluchten.
Trotz dem Chaos macht es Spaß, tolles Wetter, nette Leute, Natur, Tiere! :-)

Gegen halb elf war die Arbeit getan, wir kehrten zur Ranch zurück, wo Joanne uns erwartete. Nick fuhr gerade vor, als wir zum Loghaus herunter gingen. Ich besichtigte die Baufortschritte an Joannes Log-Out-House, ihr ganzer Stolz, an dem der Carpenter John arbeitete. Ich witzelte über das Kissen und die Decke, die auf der Klobank lagen. „That’s not an Out house, that’s a bedroom!“ „That’s a shidder!“ wurde mir im feinsten Englisch widersprochen.

Kuchen oder Hamburger? Eigentlich zu früh für Hamburger, aber die waren bei Joann so gut, also stimmte ich dafür. 
Travis machte einen auf Mitleid, weil er noch Salzlecksteine verteilen musste, aber Nick meinte, er hätte keine Zeit mitzukommen. Ob Charlie und ich nicht helfen könnten?
„Well, we go riding for free, but for salt blocks ...“ verzog ich scherzhaft das Gesicht. Schließlich einigten Charlie und ich uns darauf, mit zu fahren, ich brannte darauf so viel wir möglich von der Ranch zu sehen, damit ich gegebenenfalls auch mal alleine nach Strays suchen konnte, wenn ich keine Gäste mehr auf der Lake Ranch hatte und nach Beschäftigung suchte.
Nick war nach einem Becher Kool Aid und einem Stück Kuchen wieder weg, ich stopfte mich mit Hamburger, Chips und Kuchen voll. Travis musste noch die Salzlecksteine im alten Pasture einsammeln und ins neue Pasture bringen, ahnungslos ob des kommenden stimmten Charlie und ich zu, mit zu fahren und zu helfen.

Wir fuhren in Nicks Pickup Meilen um die Ranch herum und dann in die Pastures hinein, durch Canyons und Schluchten - betend, dass der Pickup es schaffte, und sammelten an vier verschiedenen Stellen diese verdammt schweren Salzlecksteine ein. Wir trafen auf etwa 15 Rinder, die wir übersehen und zurückgelassen hatten, dann verteilten wir die Steine im neuen Pasture an verschiedenen Stellen.
Gegen zwei waren wir zurück an der Ranch und kehrten noch mal kurz bei Joanne auf ein Glas Limo ein. 
Travis schaffte einen guten Absprung, während ich noch über meinem dritten Glas Limo hing, dass ich mir gierig eingeschenkt hatte und nun nicht mehr runter bekam. Das Funkgerät in Joannes Küche meldete sich, Brandy fragte nach Travis oder Charlie (sie hatte uns mit dem Pickup herumfahren sehen), weil sie Hilfe im Feld mit einem Heuwender brauchte. Schien alles etwas kompliziert, weswegen sie darum bat, Charlie und mich noch etwas hinzuhalten, während sie noch mal versuchte, das alleine hinzukriegen. 
Nach einer halben Stunde war Charlie aufbruchbereit, er machte sich Sorgen um Chama, weil er Lorena erlaubt hatte, sie mit Pasta zu füttern (und nun immerzu an das Lamm dachte ...). Ich bat Joanne zu versuchen mit Brandy Kontakt aufzunehmen, dauerte etwas, aber schließlich bekam sie Brandy ans Funkgerät. Brandy brauchte immer noch Hilfe. Na ja, an unserem Pickup hing der Trailer und das Heufeld war schwer zu erreichen, ob wir Nicks Pickup nehmen dürften? Klar. Also fuhren wir mit dem ersten Wagen mit Schaltung, den ich je in Amerika hatte, zu dem Heufeld, auf dem ich mittags den Traktor von Brandy gesehen hatte. Die Kiste war ein Alptraum, die Schaltung hakte wie verrückt und das Gaspedal kannte nur „kein Gas“ oder „sehr viel Gas“, aber wir kamen gut an und fanden Brandy mit im Schatten geparkten Traktor. Zu dritt schafften wir es, den Heuwender reisefertig zu machen, d. h. hochzuziehen und zusammen zu klappen.

Back zur New Haven Ranch mit einem kleinen Zwischenstop in der New Haven Ghost Town, um einen alten Shop zu besichtigen. In dieser Hinsicht, was Neugierde betraf, war Charlie echt ein guter Partner für mich!

Gegen halb fünf, vier Stunden später als geplant bzw. eigentlich nötig gewesen wäre, kamen wir auf der Lake Ranch an, wo Monte und seine Hilfscowboys gerade den letzten Bunch Rinder zurück ins Pasture brachten. Wir tranken Kaffee, quatschten kurz mit Monte und John und holten uns dann unsere Pferde aus der Scheune, um zu einem kleinen Abendausritt aufzubrechen. Im Winterpasture fanden wir Montes Herde am Zaun stehen, auf der Suche nach Wasser. Ungewöhnlich für einen guten Rancher, dass er seine Herde nicht bis zum Wasserloch gebracht hatte. Also übernahmen Charlie und ich den Job, ein gutes Training und die Chance, Nicks theoretische Ausführungen über Viehtrieb in der Praxis auszutesten. Also scheuchte ich Charlie herum, damit er die Spielregeln einhielt, was gar nicht so einfach war, weil ihm irgendwie das Auge für die Herdenbewegung fehlte. Aber klappte recht gut, und Theorie in Praxis umzusetzen ist ja nie ganz einfach ;-)
Wir trödelten etwas herum und ritten dann durch Holmes Place in Richtung Right Creek, wobei wir Marians Pasture (Nachbar) kreuzten. Wir trafen auf zwei von Montes Stieren, die ich recht halbherzig weitertrieb, weil sie sozusagen eh in unserer Richtung lagen. Das Pasture hatte hier Leafes-Spures, die gut siebzig cm hoch waren, und darunter jede Menge Junk und gammelige Äste - zu gefährlich für schnelles Arbeiten mit den Pferden. 
Der erste Stier ging uns einfach über den Zaun, das ersparte uns, ihn zum Gate zu bringen. Das zweite stellte sich etwas dämlich an und wollte partout nicht durch das Gate. Nachdem Charlie und ich alle Anfängerfehler an dem Rind durchprobiert hatten brachte ich es zu guter letzt mit einem eleganten Sprung über den Zaun in sein Pasture. Problem solved, danach kurze Aktions-Besprechung was wir falsch gemacht hatten und ein andermal besser machen würden - das war ein echter Trainingstag *bg*

Wir gingen durch Right Creek und Holmes Places (Field) zurück zur Ranch. Und quatschten, wie immer, ununterbrochen.
Gegen halb acht kamen wir zurück zur Ranch, Janet und John tauchten auf, abends Super-Steak-Barbecue (Danke, Ferdi!) und super-Limonen-Kuchen (Danke, Lorena!).
Janet wollte ein Bild von mir, um es an Johns super-intelligenten, toll aussehenden Sohn zu schicken, damit sie uns verkuppeln könnte - der arme Kerl ...

 
 
Zwei Cowboys
Deer Plot Range


Out House

Charlie schleppt Salz
Der Heuwender
New Haven Ghost Town
Rinder im Winter Pasture
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