26.07.2001,
Training mit Sonny
Nur
fünf Stunden geschlafen, weil ich bis zwei am Rechner saß, aber
dafür tief und fest ohne aufzuwachen - das erste mal seit bestimmt
vier Wochen. Komisch, normalerweise habe ich keine Probleme mit Schlaf.
Morgens
Josey ihre Spritze verpasst und gefüttert, dann mit Gianluca zum Winterpasture
gefahren, um den Zaun an mehreren Stellen zu reparieren. Danach zusammen
mit Robby versucht das Radio in meinem Pickup zu reparieren, aber ich scheine
wohl doch ein neues kaufen zu müssen.
Gegen
halb zwölf fuhren fast alle Gäste zum Little Big Horn, ich fing
mir Sonny ein, gab ihm seine erste Tagesration Dopingmittel und begann
dann Verladetraining in den kleinen Hänger mit ihm.
Brauchte
eine halbe Stunde und das Lasso um seinen Hintern, dann hatte ich ihn drin.
Klappte eigentlich besser als ich erwartet hatte. Ich ließ ihn ein
wenig im Hänger fressen und brachte ihn dann zurück in den Stall,
Lunch war ready.
So
recht zu etwas aufraffen konnte sich heute anscheinend niemand, ich machte
nach dem Essen mit Sonny weiter, brachte ihn noch mal in den Hänger
und sattelte ihn dann. Das Doping schien schon gut zu wirken, vom lahmen
war kaum noch etwas zu sehen. Ich versuchte einen Join up im kleinen Korral,
aber wie beim letzten Mal war Sonny einfach zu gut trainiert, er kam kaum
auf die Idee, seine Aufmerksamkeit von mir ablenken zu lassen. Also stieg
ich auf und ritt ihn einige Runden im Korral. Vorderhandwendung, Seitwärtsrichten
- alles kein Problem für Sonny, viel konnte ich in dem kleinen Korral
nicht mit ihm machen. Ich ging raus auf die Weide und ritt ihn dort eine
viertel Stunde. Auffallend war nur, dass er nervös wurde, wenn er
stehen bleiben sollte, ansonsten war er aufmerksam und folgsam. Ich setzte
das Training um die Ranchgebäude herum fort, wo er schließlich
so hypernervös wurde, dass ich absprang und ihn noch mal in den kleinen
Korral brachte. Wieder draußen das gleiche - er hatte keine
Lust mehr und wollte zu den anderen Pferden. Weil ich das noch von meinen
ersten Ritten mit meinem eher faulen Foxy kannte fragte ich Ferdi
und Co, ob jemand mit mir Ausreiten wolle. Fast alle wollten mit, aber
es dauerte eine Stunde, bis die Pferde alle eingefangen und gesattelt waren.
Und dann zogen dicke Wolken auf, Tornado-Warnung im Radio. Tatsächlich
fing es an zu Regnen, nach zwei Stunden hörte es zwar wieder auf,
aber zum Ausreiten war es nun zu spät. Wer weiß - vielleicht
ein Glück für mich? Ganz wohl war mir bei dem Gedanken an einem
Ausritt mit Sonny nicht gewesen, aber andererseits würde ich ihn jetzt
endlich reiten müssen.
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27.07.2001,
Ausritt mit Sonny und kurzer Besuch in New Haven
Morgens
strahlender Sonnenschein, aber die Erde war naß vom Regen der vergangenen
Nacht. Nach einem Becher Kaffee fütterte ich zusammen mit Ferdi die
Hengste und Josey, dann sattelte Ferdi sich Bubba und holte mit ihm die
anderen Pferde herein. Er machte Della für seinen Sohn fertig, während
ich Joseys Spritze aufzog. Diesmal band ich sie zum spritzen an, da sie
am Vortag so herum gezappelt hatte, dass mir die Spritze zwei mal aus der
Nadel gerutscht war und ein guter Teil des Penicillins auf ihrem Fell und
meinem Hemd landete. Nachdem ich die Nadel in ihren Hals gesetzt hatte
fing sie furchtbaren Terz an und hängte sich fast am Halfter auf.
Zum Glück hielt es, und sie blieb erschöpft stehen. Undenkbar
in Deutschland, hier an der Tagesordnung - die Pferde mussten lernen, dass
sie sich selbst weh taten, wenn sie sich wehrten, während der Mensch
selbst passiv blieb. Anyway, ich konnte jetzt in Ruhe die 15ml spritzen,
die Nadel herausziehen, auf der anderen Seite des Halses setzen und die
restlichen 15 ml geben. Danach hatte ich einige Schwierigkeiten, das Halfter
zu lösen, da Josey sich weigerte, einen Schritt vorwärts zu gehen
um es zu lockern. Schließlich konnte ich es öffnen, und ihre
weitere Zutraulichkeit bewies, dass sie nicht mich für ihre unangenehme
Situation verantwortlich machte.
Nach
einer weiteren Tasse Kaffee wollte ich mir Sonny für Hängertraining
vornehmen, aber inzwischen waren die König-Gäste erwacht (es
war ja erst zehn Uhr) und wir machten Pferde zum Ausritt fertig. Ich gab
Sonny seine Tagesration Dröhnung und sattelte ihn mir, gegen elf brachen
wir zu einem wunderschönen Ritt südöstlich der Ranch auf.
Sonny
machte sich recht gut, er lahmte nicht, schien aber etwas steif auf den
Vorderbeinen und war nicht so trittsicher, wie ich es von den anderen Pferden
gewöhnt war. Selbst im Trab und Galopp machte er sich gut, allerdings
wurde er hypernervös, wenn er die Pferde vor sich weg galoppieren
sah, weswegen ich ihn möglichst immer in der Gruppe hielt, ich wollte
am ersten Tag nicht zu viel von ihm verlangen.
Nach
dem Ausritt behandelte ich noch Foxys Schweifrübe mit Salbe und stellte
belustigt fest, dass er ganz schön buckeln konnte, eine riesige Pferdebremse
versuchte auf seinem Rücken zu landen, was ihn kräftig aufweckte.
Und wenn ich sage „riesig“, dann meine ich das auch: gut 5 cm lang und
fett waren diese schwarzen Riesenfliegen.
Nach
dem Lunch fuhr Ferdi mit Roberto und Simone nach Rapid, um einen weiteren
Helfer abzuholen. Simone wollte dort nach Arbeit fragen und vielleicht
nicht mehr zurückkommen. Ich verstand Gianluca nicht - schließlich
war er mit Simone in Amerika verabredet gewesen, und nun ließ er
ihn alleine ziehen.
Ich
eröffnete für eine Stunde das Lake-Ranch-Internet-Cafe, damit
jeder mal seine E-Mails abrufen konnte, und fuhr dann mit dem Ranch-Pickup
nach New Haven, weil an meinem Truck immer noch der Trailer hing. In New
Haven hoffte ich Brandy zu treffen, um ihr Rapport über meine Fence-Ritte
zu geben, telefonisch konnte ich sie nie erreichen. Außerdem hatte
ich Lust auf ein Schwätzchen mit Joanne. Bei Joanne war volles Haus,
die Radtourler Nick, seine Tochter Nicky und drei weitere Amis waren gerade
von ihrem sechstägigen „Urlaub“ (wie kann man sechs Tage Radfahren
nur als „Urlaub“ bezeichnen?) zurückgekehrt und stärkten sich
bei Joanne, bevor Nick, unermüdlich, wieder an die Arbeit ging. Ich
begrüßte ihn mit einem freundlichen: „Hi! I thought you would
be still sweating on your bike!“ und erntete nur ein mitleidiges Lächeln
dafür. Brandy war gar nicht in New Haven, sondern nach Montana zu
ihrem Freund gefahren, da hätte ich lange anrufen können. Also
langweilte ich Nick mit einem Zaun-Bericht, aber offensichtlich waren die
Seiten, die ich schon repariert hatte, am wichtigsten gewesen, der Rest
ging weder auf Heu- noch auf Nachbarfelder, also nicht so dringend. Allerdings
würde er in den nächsten Tagen die Rinder auf neue Weiden treiben
müssen, und die mussten gecheckt werden. Ob ich Lust hätte, morgen
mitzukommen?
„At
half past four?“ spottete ich. Nein, erst um neun, weil er vorher auf der
Bush Ranch nach dem rechten sehen musste. Hm. Ich ließ es offen,
ob ich mitkäme. Einerseits hatte ich schon Lust auf was anderes als
die Itas, andererseits konnte ein Tag Fencing mit Nick ganz schön
in Arbeit ausarten.
Nach
einer Stunde brach ich auf, eine Einladung zum Souper musste ich leider
ablehnen, ich musste noch nach Hulett zum Einkaufen und auf der Ranch warteten
die König-Gäste sicherlich schon auf ihren Ausritt.
In
Hulett kaufte ich Wasserstoffsuperoxyd für Joseys Wunde und Pellets
für ihre hervorstehenden Rippen ein, gegen halb sechs war ich zurück
an der Ranch. Die treulosen König-Gäste hatten doch tatsächlich
nicht auf mich gewartet, sondern waren schon ohne mich aufgebrochen. Na
hoffentlich hatte da beim Satteln alles geklappt! Glück für Three
Socks, den ich dringend hätte reiten müssen, ich ließ die
restlichen Pferde aus dem Korral und quatschte mit dem stinkbesoffenen
Cowboy Larry, der vorbeigekommen war, um mit Ferdi über Arbeit zu
sprechen. Ferdi war nicht da, also sagte mir Larry alles doppelt und dreifach,
was ich ihm ausrichten sollte. Er sah sich auch Josey Fessel an und riet
mir, ihr eine Art Gips anzulegen. Einleuchtend, ich hätte selbst drauf
kommen müssen: Josey hielt den Huf die ganze Zeit angewinkelt, weil
er sie schmerzte. Eine Sehne war aber mit angeschnitten, und wenn sie so
wieder zusammen wuchs würde sie nie wieder richtig auftreten können.
Nur - wie in Gottes Namen sollte ich einem Pferd einen Gips anlegen?
Da
Larry sich in Wiederholungen erging, während er vor mir hin und her
wankte, versuchte ich ihn abzuwürgen, indem ich Gianluca zur Arbeit
antrieb und dieser wiederum erwartete, dass ich half. Wir wollten das Heu
aus der Scheune in den Pickup laden und in einen kleinen Futterunterstand
bei den Korrals bringen, da die Pferde jede Nacht in die Scheune latschten
und das Heu fraßen, obwohl sie weiß Gott genug Gras hatten.
Larry half beim Aufladen und verabschiedete sich dann. Gianluca und ich
erledigten das Abladen, danach begann ich meinen großen Umzug. Ferdi
und Barbara wollten ihr großes Zimmer im alten Ranchhaus wieder haben,
also musste ich weichen und bezog ein Gästezimmer in der Lodge. Eigentlich
kein schlechter Tausch, nur der Weg zur Telefonleitung war jetzt verdammt
lang, so dass ich wahrscheinlich nicht mehr täglich online gehen konnte.
Im alten Ranchhaus hatte ich den Computer direkt nebenan im Wohnzimmer
stehen, wo ich nur den Stecker mit dem Fax austauschen musste, um online
zu gehen.
Nach
dem Umzug versorgte ich Josey mit Futter und Wasserstoffsuperoxyd, brachte
Bullit in den Korral und fütterte auch die Hengste. Vor dem Abendessen
schaffte ich es noch, mein altes Zimmer zu putzen (aus mir wird in dieser
Hinsicht nie eine gute Hausfrau, putzen ist mir ein echtes Greuel!), das
Chaos in meinem neuen Zimmer ließ ich erst mal wie es war.
Gianluca,
Barbara, Lorena und ich saßen dann noch auf Ferdi und Co wartend
in der Lodge, gegen halb elf wurde es mir aber zu spät, da ich noch
an den Rechner musste. Zehn Minuten später traf der Van ein. Simone
war doch wieder zur Ranch zurückgekehrt, hatte wohl keine Arbeit gefunden.
Ferdi hatte Großeinkauf in einem Sattelshop gemacht, wir besichtigten
die Neu-Gebrauchteinkäufe an Sattel-Pads, Halftern und Gurtstrippen.
Ausserdem hatte ich ihn um ein Lasso gebeten, dass ich auf die Ladefläche
meines Pickups warf, in der Hoffnung, dass es nach zwei, drei Fahrten über
die staubigen „Loose-gravel-Roads“ nicht mehr so ekelhaft neu aussah.
Dann
endlich an den Rechner, Notizen machen und Mails ignorieren, Feierabend
um eins.
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