09.08.2001
Cattle Drive at Lake Ranch
Ferdis Plan um halb acht
aufzubrechen um Rinder auf der Lake Ranch umzutreiben wurde um wyomingsche-fünf-Minuten
überschritten. Kurz vor neun machten sich elf Freizeit-Cowboys auf
den Weg zum Right Creek, um ca. 250 Ochsen zusammen zu treiben. Ich ritt
meinen Paint und freute mich über Mauro, der unwissend seiner Taten
meinen „Schönen Sonny“ ritt. Nicht lange, beim ersten Galopp passierte
endlich, womit ich schon die ganze Zeit gerechnet hatte - der Wallach fing
an zu buckeln und machte seinen Reiter zum Fußgänger. Zum Glück
war nichts weiter passiert, wir fingen Sonny wieder ein und ritten ruhiger
weiter. Sonny blieb zwar den ganzen Ritt über nervös, aber mit
dem Vertrauen der Ahnungslosen hielt Mauro bis zum Ende durch.
Die
Rinder zusammenzutreiben klappte bis auf typische Fehler, die passieren,
wenn von elf Leuten nur zwei wissen, wo es eigentlich hingehen soll, ganz
gut. Gegen halb zwölf zählte ich 259 Rinder, die durch das Gate
zu den South Fields gingen.
Wir ritten zum Lunch zurück
zur Ranch, wo ich Mauro ein Bier spendierte und ihm jeden Tag ein weiteres
versprach, wenn er Sonny wieder ritt - wäre doch gelacht, wenn ich
mein Pferd nicht vernünftig von Gästen eingeritten bekommen würde!
Nach dem Essen fuhren fast
alle nach Rapid City um Gäste abzuholen und irgendeinen Indianer zu
treffen. Ich machte einen Benzin-Filter-Wechsel-Termin für meinen
Pickup in Carlile für den nächsten Morgen aus (hoffend, es bis
dort hin mit dem Truck zu schaffen ...) und fuhr nachmittags mit Lorena,
Tatanka und Barbara nach Hulett. Als wir Nuckolls Ranch passierten kam
uns ein Van entgegen. Ich starrte den Fahrer an und hätte mir am liebsten
auf die Zunge gebissen, als es schon zu spät war: „That were Italians!“
rief ich aus.
Tatanka sah mich fragend
an.
„Do you expect any Italians?“
fragte ich ihn.
Er zuckte mit den Schultern.
„This is Italian?“ benutzte er seinen Lieblingssatz für alle Fälle
(„This is ...“).
Ja, ich gab es ungern zu,
aber ich war mir ziemlich sicher, also drehten wir und fuhren dem Van hinterher,
da auf der Lake Ranch niemand mehr war.
Die Itas ließen sich
durch Gehupe und Geblinke nicht stoppen, so groß schien ihre Panik
vor den ihnen folgenden vermeintlichen Amis zu sein. Erst an der Kreuzung
zur Ranch hielten sie endlich an, ich wollte sofort ihre Pässe kontrollieren,
aber Lorena kam mir leider zuvor. Tatsächlich Italiener, die Freunde
von einem Freund eines Freundes von Ferdi waren und sich die Ranch nur
ansehen wollten. Tatanka fuhr also mit ihnen, während ich mit Barbara
und Lorena zum Einkaufen nach Hulett fuhr.
Zurück an der Ranch
waren die vier Neuen noch da, sie wollten für eine Nacht bleiben.
Ich fütterte Josey und ließ sie dann aus dem Korral frei. Die
Zimmermannsarbeit, das Brett unter ihrem Huf, das sie daran hindern sollte,
sich beim Laufen nur auf der Hufspitze abzustützen, war zwar inzwischen
abgebrochen, aber sie trat beim gehen trotzdem auf der gesamten Hufsohle
auf, wenn auch noch immer sehr sehr vorsichtig und langsam. Aber wichtiger
war mir im Moment ihr Gewicht, sie hatte fürchterlich abgenommen,
und nun hatten wir auch kein Heu mehr - sie musste unbedingt wieder richtig
Zeit zum fressen haben.
Nick
rief an, Arbeit absprechen. Er entschuldigte sich, dass er vielleicht zu
aufdringlich wäre und uns zu oft um Hilfe bat, aber ich widersprach
energisch - ich war froh, dass wir bei ihm so oft Rinder schieben konnten,
auf der Lake Ranch war in der Hinsicht im August fast gar nichts los, und
ich war sicher, dass Bruno und Mauro mehr Späßchen am Cowboy
spielen als an Ausritten hatten. Also vereinbarten wir für den übernächsten
Tag Bullen auf der Bush Ranch zu treiben, an einem weiteren Tag mussten
dann einjährige Schafe geschoben werden, was wir terminlich offen
ließen.
Ich versprach ihm noch,
am nächsten Tag auf der Fahrt zurück von meinem Pickup-Doktor
in Carlile bei seinen Haffers vorbei zu schauen, da wir befürchteten,
dass sie zu doof waren das Wasserloch in der neuen Weide zu finden und
darum in die alte Weide zurück gesprungen sein könnten.
Ferdi und Co kamen erst
spät aus Rapid City zurück. Sie brachten vier neue Gäste
mit; da die anderen vier „Neuen“ nur für einen Nacht blieben hatten
wir jetzt sechs „echte“ Gäste - das war eine gute Zahl.
10.08.01
Bye Bye Pickup
Gegen acht war ich bereit,
meinen Pickup nach Carlile zu bringen, aber Ferdi überredete mich,
auf ihn zu warten, er musste zu Chip, um Heu zu holen, und wollte mir lieber
hinterher fahren, falls mein Pickup unterwegs doch seinen Geist aufgab.
Also wartete ich, bis er die Pferde hereingeholt hatte und alle Gäste
ein gesatteltes Pferd hatten, Tatanka
würde mit ihnen herausgehen. Mauro holte sich wieder Sonny - der männliche
Stolz ließ es wahrscheinlich nicht zu, dass er jetzt ein anderes
Pferd nahm, nachdem er gestern abgebuckelt worden war.
Gegen halb zehn brachen
wir endlich auf - eigentlich hätte mein Pickup um diese Zeit schon
einen neuen Benzinfilter haben müssen.
Es war tatsächlich
nicht einfach, Carlile zu erreichen, der Pickup fuhr die ersten drei Meilen
fast anstandslos, dann kotzte und motzte er sich mit fünf bis fünfundzwanzig
Meilen die Stunde gen Süden, es war das reinste Trauerspiel. Bei Jeffs
Repairshop entschuldigte ich mich für die Verspätung, aber das
schien eh nicht der Rede wert zu sein, einer der Mechaniker brachte den
Pickup herein und wechselte den Filter. Hm. Der Pickup zeigte zwei Symptome:
Gas-kein Gas-Gas-kein Gas nur beim Fahren und knallende Geräusche
in Auspuff auch im Leerlauf. Nach dem Filterwechsel knallte es immer noch
- Problem schien nicht gelöst zu sein. Also suchten zwei Mechaniker
ziemlich hilflos herum, weil der Boss und Diagnostiker Jeff nicht da war,
schließlich wechselten sie ein Kabel zwischen Vergaser und Verteiler,
starteten den Motor - kein Knallen mehr. Problem solved, beteten wir alle,
und ich fuhr los. Drei Meilen wirklich klasse, dann wieder wrumm-nichts-wrumm-nichts-wrumm-nichts.
Fluchend drehte ich um und brachte den Pickup zurück zur Werkstatt,
es machte keinen Sinn, ihn so zur Lake Ranch zu bringen und am Montag,
wenn Jeff wieder da wäre, zurück zu fahren - wenn der Truck das
überhaupt noch schaffte.
Vom Repairshop aus rief
ich Ferdi bei Chip an, damit er mich abholen käme. Er ließ sich
Zeit damit, ich setzte mich zum Lunch zu den beiden Mechanikern und stellte
dann meinen Pickup an die Straße, weil es kein Hinweisschild auf
die Werkstatt gab und ich mir ziemlich sicher war, dass Ferdi vorbei fahren
würde. Dann döste ich eine Stunde lang im Wagen, bis Ferdi endlich
mit Barbara eintraf. Ich ließ die zu erwartenden dummen Witze über
meinen Pickup über mich ergehen und warnte ihn dann lieber vorsichtig
zu sein - ich war jetzt drei Tage ohne meinen Wagen, was mir ziemlich aufs
Gemüt schlug. Auch wenn ich den Pickup nicht täglich benutzte,
so gab er mir doch zumindest das Gefühl, jederzeit meiner Wege gehen
zu können, eine Art Unabhängigkeit, die ich einfach brauchte.
An der Kreuzung zur Lake
Ranch hängten wir einen Trailer Heu an den Pickup, den Ferdi zurück
gelassen hatte, um mich abzuholen. Er war reichlich schief geladen und
doppelt so schwer wie ein voller Horse-Trailer, ganz wohl war uns nicht
bei dem Gedanken, die Ladung den Berg hoch zur Ranch zu bringen, aber wir
schafften es ohne Probleme.
Inzwischen war es nach zwei
Uhr und wir gut hungrig. Bei mir kam dann noch der Pickup-Verlust-Frust
hinzu, weswegen ich mich mit Pasta vollstopfte. Statt dem üblichen
kollektiven Mittagsschlaf auf der Ranch waren diesmal alle busy. Wir luden
das Heu ab, dann holte Ferdi die Jungpferdeherde in die Korrals, um zwei
oder drei neue Pferde fürs Einreiten auszusortieren. Josey ging wieder
auf ihrer Hufspitze, also montierten wir ihr das Brett wieder unter den
Huf, dass sie zum Auftreten zwang.
Am späten Nachmittag
waren alle bereit zum Ausritt. Ich half die Pferde einzufangen und zu satteln,
ritt aber nicht mit, weil ich den Trailer noch reparieren wollte. Tatanka
schien keinen Bock mehr darauf zu haben, das Kabel neu zusammen zu setzen.
Ich drückte mich so lange es ging um diese Arbeit herum, Elektrik
war nicht gerade mein Ding, aber es half nichts - sechs Pferde musste ich
am nächsten Tag in den Trailer laden, und da wären mir Bremsen
doch ganz lieb.
Ich suchte im Werkzeugschuppen
nach Schraubenziehern - chancenlos, und so was nannte sich Werkzeugschuppen.
Mein Werkzeug war in meinem Pickup in Carlile, also musste ich mit meinem
Leatherman (Kombinationstool: Taschenmesser, Zange, Schere, Schraubenzieher
etc., das man in einer kleinen Ledertasche am Gürtel tragen kann)
herumfuschen. Das kaputte Teil war die Verbindungsstelle zwischen dem eigentlichen
Kabel und einem Verlängerungskabel, dass in den Pickup eingesteckt
wurde. Mehr ahnend als wirklich wissend reparierte ich den Stecker und
schraubte die sechs Kabel wieder ein - hoffend sie in der richtigen Reihenfolge
zu haben. Leider tat sich dann beim Lichttest gar nichts, also checkte
und schraubte ich neu.
Nach Fertigstellung erneuter
Lichttest, Tatanka kam jetzt hinzu, es hatte mich eh schon gewundert, dass
er mich so lange alleine wurschteln ließ. Aber eine unserer neuen
Gäste war nicht mit ausgeritten und saß sehr leicht bekleidet
auf der Veranda - und war wahrscheinlich (nicht nur wahrscheinlich, für
einen Mann bestimmt!) sehenswerter als das Kabelwirrwarr eines Trailers.
Lichttest ergab: kein Licht
irgendwo, noch nicht einmal am Pickup. Schließlich stellten wir fest,
dass die Sicherung durchgebrannt war, was Tatanka auf meine Kabelarbeit
schob. Es folgte eine Stunde Dikussion über Kabel und Farben, bis
ich schliesslich alles wieder so zusammen setzte, wie es war bevor Tatanka
mir dazwischen funkte, und nahm die Sicherung von der Klimaanlage heraus,
um sie für die Scheinwerfer zu benutzen. Möglicherweise war die
Sicherung nämlich schon bei meinem ersten Versuch mit den zugegebenermaßen
falschen Kabelverbindungen durchgeknallt.
„I gonna try that now and
when this fuse burns too we buy a new one!“ erklärte ich ziemlich
sauer, startete den Motor und stöhnte auf, als der Trailer fleißig
leuchtete und blinkte. Eine Stunde Diskussion mit Tatanka wegen einer durchgebrannten
Sicherung!
Die
anderen kamen von ihrem Ausritt zurück, die weitere abendliche Planung
war eigentlich eine Fahrt nach Belle Fourche zum Dinner und Tanzen gewesen,
aber Gianluca war mit dem weißen Van unterwegs und Ferdi hatte den
blauen Van an einen Nachbarn versprochen - so ganz ohne Wagen fiel der
abendliche Ausgang also ins Wasser.
Ich rief auf der Bush Ranch
an, um den Termin zum Bullen treiben am nächsten Tag zu bestätigen.
Brandy war am Telefon, wir verabredeten, dass sie am nächsten Abend
zur Lake Ranch kommen würde, um die zwei Katzen vorbei zu bringen
und mit uns zu Abend zu essen.
Kurz vor dem Essen rief
Brandy zurück. Ob wir nicht Lust hätten, morgen Abend mit nach
Sturgis zu kommen, Konzert, Streetdancing, Party - halt der letzte Tag
der Sturgis-Rallye. Das war doch mal eine Idee, zum einen sah ich dann
doch noch was vom Sturgis und zum anderen hatten wir ja an diesem Abend
schon unseren Tanz verpasst. Begeistert sagte ich zu, und ich war sicher,
dass auch ein Teil der Itas mitkommen würde.
Dafür dass es auf die
Schnelle zubereitet werden mußte war das Diner hervorragend. Nach
dem Essen kamen Will und Lore Nuckolls vorbei, um den Van abzuholen. Ferdi
und Barbara saßen mit ihnen zusammen und versuchten sich im Small
Talk. Als ich später dazu kam war ich erstaunt, wie sie es so lange
aushielten, es war total angestrengte Stimmung „was sag ich jetzt?“. Der
Höflichkeit halber blieb ich darum sitzen und versuchte ein bisschen
aufzutauen, ich war auch kein großer Small Talker, brachte sie aber
für eine dreiviertel Stunde gut über die Runden.
Dann versuchte ich mein
viel zu großes Team für den nächsten Morgen zu schrumpfen
und erzählte von der unheimlichen Mückenplage auf der Bush Ranch.
Mauro hatte ich schon fast erfolgreich vergrault, als Rambo-Roberto voller
Begeisterung feststellte, dass Mückenstiche an bestimmten Körperstellen
dessen Größe verdreifachen konnten, was die Männlichkeiten
um mich herum mindestens zehn Minuten lang mit absoluter Faszination erfüllte.
Mit Mauro änderte ich
meinen „Bier-Sonny“-Deal. Sonny war am zweiten Tag viel ausgeglichener
gewesen und Mauro wollte ich gerne reiten - also schuldete er nun MIR das
Bier, damit er Sonny reiten durfte ... |