12.08.2001  Five-onehundretfifty cattle in New Haven

Da ich noch bis vier am Rechner gesessen hatte wurde es morgens recht spät bei mir, erst gegen viertel vor neun erschien ich zum Kaffee, was den anderen Gelegenheit gab, mich lästerlich mit „Good Afternoon“ anzusprechen.
Ferdi holte die Pferde herein, gegen halb elf waren zwei Gäste, Lorena und Barbara fertig für einen Ausritt. Weil Mauro nicht mitreiten wollte sattelte ich mir wohl oder übel Sonny, da er tägliche Beschäftigung brauchte. Ferdi und Mauro taten fast so, als wäre ich ein Anfänger und würde mich auf ein wildes Pferd setzen und nicht mein eigenes Pferd reiten, das ich ja schließlich auch vorher schon selbst geritten hatte. „Sure you want to ride him?“ fragte Ferdi mich zwei mal - ich würde mich mit ihm doch mal dringend darüber unterhalten müssen, was er mir eigentlich zutraute. Vielleicht sah er mich lieber in der Küche?!
Ich entschied mich für einen Easy-Ride durch das Shipping Pasture, Indian Pasture, bei Sergio vorbei, der nicht Zuhause war, zurück über das Beef Pasture. Sonny lahmte fürchterlich, ich würde seine Dosis etwas erhöhen müssen. Ansonsten war er zwar gut zu regulieren, aber manchmal einfach viel zu nervös, vor allem, wenn wir mal kurz an einem Gate stehen blieben.
Ferdi wollte nachmittags nach Oshoto zu Berger fahren. Ich hoffte, dass einige Gäste auf der Ranch blieben, damit ich etwas zu tun hatte - wenn mein Pickup dagewesen wäre hätte ich Sonntagsbesuche bei Liz und Joann machen können, aber so brauchte ich Beschäftigung auf der Lake Ranch.
Ich sattelte Sonny gerade ab, als Ferdi mit dem Telefon kam: „Nick.“
Es brauchte einen Moment, bis ich raffte, dass Nick am Apparat war. Er hatte fünf seiner Rinder in New Haven mit Nachbarkühen gemixt - ob ich Zeit hätte, ihm am Nachmittag beim aussortieren zu helfen? Das wäre die Rettung für den Sonntagnachmittag, aber mein Pickup war in der Werkstatt und Ferdi wagte ich nicht schon wieder nach dem Ranch-Pickup zu fragen.
„Well, yes, I would like to come but I don’t know if Ferdi needs the Pickup ...“ druckste ich herum. Er könne uns von New Haven aus abholen, bot Nick an - na das war doch ein Wort. Ich verzichtete auf ein höfliches „aber das ist doch nicht nötig“ und sagte sofort zu. Er würde in etwa einer Stunde vorbeikommen, genug Zeit für Lunch und Planung. Ich hatte es fast befürchtet: keiner der Gäste hatte Lust mitzukommen. Vielleicht hatte ich ihren Spaß am Cowboy spielen doch überschätzt.
Als Nick gegen halb drei eintraf war er nicht allzu enttäuscht, nur mich und Foxy reisefertig vorzufinden. Beim Aussortieren von einzelnen Rindern aus einer Herde waren zu viele Freizeit-Cowboys sowieso nur hinderlich, meinte er. Nach einem Glas Kool Aid fuhren wir nach New Haven und parkten den Trailer in dem Pasture am Friedhof. Von dort ritten wir den Zaun zum Nachbarn entlang, fanden aber kein Gate. Dafür sahen wir drei „unserer“ Steers auf der anderen Seite des Zaunes und leider noch viel mehr: jede Menge Rinder in der Weide, die wir vor zwei Wochen aufgeräumt hatten. Wir beschlossen, erst einmal die Rinder aus der Weide zu holen und unterwegs die drei am Nachbarzaun aufzupicken. Was sich zunächst als leichter Job zeigte artete in ein dreistündiges galoppieren die Hänge rauf und wieder runter aus. Es waren Rinder in dem gesamten Pasture verstreut, das wir damals mit sieben Leute aufgeräumt hatten - diesmal waren wir aber nur zu zweit. Unterwegs sammelten wir auch die drei Rinder ein, die in der Nachbarweide waren. In Ermangelung eines Gates drückte Nick den sowieso schon kaum vorhandenen Zaun an einer Stelle ganz herunter und wir trieben die drei Steers zu Fuß über den Draht, da wir die Pferde ja ohne Gate nicht in die Weide bringen konnten. 


Mit einem fürchterlichen Finale auf einem freien Feld, auf dem sich die ca. hundertfünfzig Rinder, die wir eingesammelt hatten, die letzten dreihundert Meter zum Gate überhaupt nicht mehr bewegen ließen, weswegen wir immer wieder johlend und grölend in die Herde hereinreiten mussten, hatten wir es endlich geschafft. Allerdings waren wir nun nicht sicher, ob die fünf Rinder, die der Nachbar in seiner Herde gesehen hatte, mit dabei waren, da es zu spät war, dessen Weide zu durchsuchen. Statt dessen ritten wir die gesamte Zaunlinie ab, um nach dem Loch zu suchen, durch das hundertfünfzig Rinder geschlüpft sein konnten. Ganz am Ende fanden wir das Loch - was kein Loch war, sondern ein offenes Gate ...
Da wir näher an der Ranch als am Trailer waren brachten wir die Pferde nach New Haven und wollten mit dem Four Wheeler zurück zum Trailer fahren, um ihn zu holen, als Brandy mit einem Pickup auftauchte und uns eine Fahrt zu Nicks Pickup gab. Den brachten wir nach New Haven und gingen dann zu Joann, die uns Sandwiches mit Hühnerschnitzeln und Salat zum Abendessen gemacht hatte. Es war schon nach neun, darum brachen wir bald auf, Nick musste mich und Foxy ja noch zurück zur Lake Ranch bringen und war dann noch selbst eine Stunde bis zur Bush Ranch unterwegs.
Ferdi war nicht auf der Ranch, als ich zurückkam, dafür erzählte Tatanka mir, dass Chip angerufen hätte: er hätte am nächsten Morgen Rinder zu treiben.
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